Wie schon bei unserer Big Ice Tour hatten wir Patagonien untypisches Wetter, es war keine Wolke am Himmel und es war windstill. So konnten wir ganz entspannt und mit einem fantastischen Blick auf den Los Glaciares Nationalpark El Chaltén entgegenfahren. Bereits von Weitem konnte man die patagonischen Symbolberge um Fitz Roy und Cerro Torre erkennen. Bei diesen Bedingungen konnten wir es uns nicht nehmen lassen, mitten auf der Straße Poserbilder zu machen. Wirklich viel los ist da ja schließlich auch nicht…
Da man trotz schnurgerader Straßen nicht mehr als 100 km/h fahren darf, dauert es immer bis man von A nach B gefahren ist, obwohl die Entfernungen nicht riesig sind. So war es dann schon wieder 16 Uhr als wir in El Chaltén einfuhren. Der ursprüngliche Plan war es erstmal eine Nacht im Dorf zu bleiben und morgen dann zu unserer Mehrtageswanderung aufzubrechen. Da die Bedingungen aber so gut waren und der Weg bis ins 1. Camp nur 3 Stunden betrug, sind wir kurzerhand einfach losgelaufen. Wir hätten es sogar vor Einbruch der Dunkelheit geschafft, wenn Gerhard nicht so gebremst hätte. Er ließ es sich natürlich nicht nehmen ein Sonnenuntergangsfoto an einem Bach mit Fitz Roy im Hintergrund zu machen und dann ist er zu allem Überfluss auch noch richtig doll umgeknickt, so dass er sich unter Schmerzen die letzten 20 Minuten zum Zeltplatz geschleppt hat. Neben einigen „normalen“ Wanderern war dort auch eine Horde von Fotografen anzutreffen. Man konnte aber nicht behaupten, dass der Zeltplatz überfüllt war. Nun stelle man sich den Zufall vor, dass wir unser Zelt genau neben zwei Deutschen aufschlagen und diese dann auch noch fotografieren. Natürlich kommt man schnell ins Gespräch und stellt fest, dass die Welt doch sehr klein ist. Gerhard kannte diese beiden sogar aus dem Internet und hatte kurz vorher von einem befreundetet Fotografen über Facebook erfahren, dass die beiden auch in Patagonien sind. Klar konzentrieren sich die Fotografen hier schon auf gewisse Punkte, aber genau neben den beiden das Zelt aufzubauen ist schon ein lustiger Zufall. Nach einem Abendbrot aus der Tüte, das übrigens viel besser schmeckt als es klingt, konnte es sich Gerhard nicht nehmen lassen, trotz Hinkebein noch mal zum Sterne fotografieren aufzubrechen. Wann hat man schon mal Sterne über dem Fitz Roy. Dann vergisst man wohl sogar die Schmerzen. Ich hatte aber sowas von keine Lust und wollte nur noch in meinem Schlafsack, da wir morgen zum Sonnenaufgang an der Laguna de Los Tres sein wollten.
Ich muss schon feststellen, dass es Gerhard echt gut mit mir hat. Wie bereits angekündigt wollten wir zum Sonnenaufgang an der Laguna de los Tres sein. Der Weg dorthin dauert ca. 1 Std. und geht ausschließlich bergauf. Aber nicht nur so pille, palle bergauf sondern richtig steil! Das ist nicht schön, hat aber den Vorteil, das einem spätestens nach der Hälfte so warm ist, dass man sich aller dicker Klamotten entledigen kann. Die Fotografen Horde hatte natürlich denselben Plan und so war es lustig zu beobachten, wie sich jede Menger kleiner Lichtpunkte der Reihe nach den Weg hocharbeiten. Gerhards Fuß war zwar ganz schön angeschwollen über Nacht, aber mit fest geschnürten Bergstiefeln konnte er fast schmerzfrei den Aufstieg überstehen. Diesmal hatten wir den Aufstieg besser getimed, denn kurz nach unserer Ankunft ging das Leuchten auch schon los. Es war immer noch windstill, so dass wir sogar eine Spiegelung des leuchtenden Fitz Roy bewundern durften. Auch wenn es mir schwerfällt, aber ich muss zugeben, dass sich die Anstrengungen dafür lohnen…
+++ Fahrerwechsel zu Katja = Schreiberwechsel zu Gerhard +++
Da Katja nun das Steuer übernommen hat, bin ich mit Schreiben an der Reihe. Ich finde aber, dass man Katjas letzten Satz nochmal besonders hervorheben muss! ;-) Sie hat es schon ganz schön schwer was die Sonnenaufgänge angeht, aber das Leuchten am Fitz Roy war (nicht nur für mich als Fotograf) etwas Einzigartiges! Ein wenig unterhalb der Laguna de los Tres gibt es noch die Laguna Sucia, der wir im Anschluss noch einen kurzen Besuch abstatten wollten. In unserem Rother Wanderführer ist das als lohnenswerter Ausflug beschrieben und auf der kleinen Karte ist sogar ein Verbindungsweg zwischen den Lagunen eingezeichnet. In einer Scharte glaubten wir auch, ein paar Wegspuren zu erkennen, und so haben wir uns an den Abstieg gemacht. Wirklich lustig war das allerdings nicht, da es dort extrem geröllig und steil war und der vermeintliche Pfad schon bald verschwunden war. Sicherlich geht dort ab und zu jemand, aber von einem Weg kann wirklich nicht die Rede sein! Dieser Spaß setzte sich dann noch eine ganze Weile fort, bis wir endlich im Tal der Laguna Sucia angekommen waren. Keine 20 Meter vor dem Ufer dann das nächste Malheur: Zwischen den großen Geröllbrocken habe ich scheinbar den Stock sehr ungünstig aufgesetzt, so dass es mir den Arm ausgehebelt hat und ich mir (nach über zehn Jahren wieder) die Schulter ausgekugelt habe. Zum Glück habe ich sie schnell wieder reinbekommen, so dass es erstmal „nur“ abartig weh getan hat… Ich habe echt keine Ahnung was los ist, am Vortag der Knöchel und heute die Schulter, wenn das so weitergeht brauche ich mein Rückflugticket wohl nicht mehr. Aber keine Sorge (besonders ihr, Mama & Papa!), wie auch schon mein Fuß hat meine Schulter relativ schnell akzeptiert, dass die Weichei-Methode mit Arzt & Co hier in den patagonischen Bergen nicht funktioniert und ist nach dem anfänglichen Schmerzen relativ schnell zur Tagesordnung übergegangen. Nicht perfekt, aber was solls! Nach einem schmerzstillenden Schokoriegel habe ich dann noch ein paar Fotos der Lagune gemacht, auch wenn mir die Lust ehrlich gesagt ein wenig vergangen war, bevor wir uns wieder an den Abstieg zum Campamento gemacht haben. Obwohl dieser im Wanderführer explizit als Weg eingezeichnet ist, sah die Realität auch hier leider anders aus und wir mussten wieder relativ lange durch Geröll und wegloses Gelände. Endlich unten angekommen wurden wir dann von einem Schild „Weg geperrt, Gefahr, Steinschlag“ empfangen. So viel zum Thema!
Zurück im Campamento gab es erstmal Frühstücks-Porridge-Beutel, schließlich war es mittlerweile schon nach zwei. Nachdem wir alles zusammengepackt hatten, setzten wir unseren Weg zum Campamento Agostini fort. Nach unserer morgendlichen Tour haben uns die 3,5 Stunden gegen Ende ganz schön geschlaucht und Katja hatte auch wieder Probleme mit ihrem Knie. Der Altersverschleiß zeigt gerade echt deutlich seine Wirkung bei uns! Ca. 20 Minuten vor Sonnenuntergang hatten wir es dann aber endlich geschafft. Das Besondere an diesem Camp ist, dass die Laguna Torre am Fuß des Cerro Torre nur ein paar Minuten entfernt ist, aus Fotografensicht also eine absolute Premiumlocation! Dementsprechend bin ich auch gar nicht erst ins Camp, sondern gleich nochmal weiter um die Sonnenuntergang dort abzulichten und die Lage für den nächsten Morgen zu erkunden. Danach gabs absolut oberleckere gefriergetrocknete Penne Bolognese aus der Tüte (von LYO, echt zu empfehlen!) und ein paar Kekse, die unsere Lebensgeister wieder geweckt haben. Nach dem relativ vollen Zeltplatz am Vortag waren wir hier bis auf drei weitere Zelte allein, was uns echt gewundert hat. Vor dem Schlafengehen bin ich nochmal hoch zur Lagune gelaufen, den einen Sternenhimmel über dem Cerro Torre konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen!
Selbstverständlich holte uns der Wecker wieder im Dunkeln aus dem Schlaf, durch den deutlich kürzeren Aufstieg konnten wir aber immerhin eine Stunde länger schlafen als am Vortag. Auf die Gefahr hin, dass mich jetzt manche bereits dort gewesene Fotografen hassen werden: Wir hatten wieder wahnsinniges Glück, der Cerro Torre war sichtbar und es war tatsächlich windstill, so dass ich eine Spiegelung des angeleuchteten Cerro Torre aufnehmen konnte! Bei allen körperlichen Wehwehchen sind also wenigstens Wetter und Licht auf unserer Seite. :-) Nachdem wir danach sehr zufrieden unser Frühstück im Camp eingenommen haben, haben wir mit leichtem Gepäck noch einen Abstecher zum Mirador Maestri gemacht, von wo aus man nochmal einen sehr schönen Blick auf den Glaciar Torre hat. Bei strahlendem Sonnenschein haben wir uns dann auf den 2,5 stündigen Rückweg nach El Chaltén gemacht, der uns durch die herrlichen Herbstfarben des Südbuchenwaldes geführt hat. Unten angekommen waren wir wieder sehr froh, die schweren Rucksäcke loszuwerden und haben uns auf die Suche nach einem Zeltplatz gemacht. Obwohl es derer drei in El Chaltén gibt, erwies sich das jedoch als relativ schwierig. Zwei davon waren bereits komplett geschlossen (die Saison ist hier ja schon vorbei), auf dem anderen hätten wir zwar bleiben können, aber ein Blick auf die Sanitäranlagen zeigte relativ deutlich, dass hier wohl auch nur in der Saison geputzt wird. Nach einer Dreitageswanderung ohne Dusche und nur mit Plumpsklo war das nicht so richtig das, was wir uns vorgestellt hatten, und so haben wir uns nach einer richtigen Unterkunft umgesehen. Auf einen Schlafsaal in einem der zahlreichen Hostels hatten wir nicht so richtig Lust, also haben wir uns für ein Doppelzimmer entschieden. Das stellte sich am Ende als Cabaña, eine Art kleiner Bungalow mit eigener Kochgelegenheit heraus, und das für nicht mal 50 Euro pro Nacht! Wichtiger als alles andere (und auch das erste, womit Katja die Unterkunft beschrieben hat): ES WAR MOLLIG WARM! Und das haben wir nach den vielen kalten Abenden und Nächten draußen echt genossen und sogar auf den Sonnenuntergang verzichtet (!). Dieser wäre sowieso unspektakulär gewesen, da immer noch keine Wolke am Himmel zu sehen war… Unser Plan, nochmal auf ein Bier ins Dorf zu gehen, wurde dann schnell von einer heißen Dusche, einer großen Portion Nudeln mit viel Knoblauch (muss vor dem nächsten Grenzübertritt ja noch aufgebraucht werden ;-) ) und einer Flasche Malbec-Rotwein verdrängt…
Nach einer herrlichen Nacht im richtigen Bett riss uns der Wecker um 6:00 Uhr wieder in die harte Realität zurück, schließlich stand für heute Morgen der Mirador de las Àguilas auf dem Plan, ein Aussichtspunkt mit Blick auf Fitz Roy und Cerro Torre. Der knapp einstündige Weg war auch im Dunkeln völlig problemlos zu laufen und verglichen mit anderen morgendlichen Ausflügen echt eine Autobahn. Oben angekommen ging es dann auch gleich zur Sache, da der Himmel für uns ein besonderes Feuerwerk abgebrannt hat: Über Nacht waren Wolken aufgezogen, die zwei Mal (ca. 45 bzw. 10 Minuten vor Sonnenaufgang) wahnsinnig geleuchtet haben! Da kann man es auch verschmerzen, dass der Cerro Torre sich hinter dicken Wolken versteckte und auch die Spitze des Fitz Roy nicht herauskommen wollte. Letzteres hat uns dann auch die Entscheidung abgenommen, ob wir noch einen Tag länger in El Chaltén bleiben wollen, um eine siebenstündige Tour zu einem weiteren Aussichtsgipfel zu machen, oder doch schon die Weiterfahrt gen Norden antreten. Also haben wir nach getaner Arbeit unsere mitgebrachten Sandwiches am Aussichtspunkt verspeist, sind zurück ins Dorf gelaufen und haben unser Auto abreisefertig gemacht. Eigentlich wollten wir auch noch Geld holen, aber beide Bankautomaten wollten uns (mit keiner unserer Karten) etwas geben, ein Problem, dass man aus Europa auch nicht wirklich kennt…
Danach hieß es Kilometer schrubben, denn die nächsten 600 Kilometer liegen nur argentinische Pampa vor uns. Wir haben geplant, bis zur Stadt Perito Moreno (hat nichts mit dem Gletscher zu tun!) zu fahren, um dann am nächsten Tag bei Chile Chico wieder die Grenze nach Chile zu überschreiten. Auf einem Abschnitt Schotterpiste mitten im Nirgendwo haben wir dabei drei Anhalter aufgegabelt, die von ihrem vorherigen Chauffeur dort abgesetzt wurden und seit fünf Stunden (und nur fünf) Autos auf eine Mitfahrgelegenheit gewartet haben. Da konnten wir schlecht nein sagen, auch wenn es im Auto mit dem ganzen Gepäck schon ganz schön voll wurde. Ziel des Tages war Perito Moreno (es gibt hier nicht nur den Gletscher mit dem Namen, sondern auch noch eine Stadt und einen Nationalpark, natürlich alle an verschiedenen Orten…), ca. eine Stunde vor der chilenischen Grenze. Als wir ein Schild „Camping“ erspäht haben, sind wir natürlich sofort abgebogen und haben dort für sagenhafte 80 Argentinische Peso übernachtet, das sind umgerechnet 4,85 EUR! Die bislang besuchten Gegenden scheinen wirklich nicht repräsentativ für das Preisniveau hier zu sein… In der Hoffnung, irgendwo ein leckeres Steak zu finden, sind wir nach dem Zeltaufbau durch den Ort gelaufen, aber so richtig angelacht hat uns kein Restaurant. Daher haben wir nochmal den Besitzer des Zeltplatzes gefragt, und der hat uns prompt zum wahrscheinlich besten Restaurant der Stadt geschickt. Mit 42 EUR für zwei große Cesar Salad, Rinderlende bzw. Rinderhüfte und ner Flasche Rotwein kann man aber auch hier nicht meckern, und es gab sogar WLAN und wir konnten ein wenig unseren Blog-Rückstand aufholen. Dieser liegt nämlich nicht am Schreiben (das klappt während der langen Autofahren ganz gut), sondern eher am fehlenden bzw. langsamen Internetzugang…
Dr. Gerhard Aust
Hobby Photographer
contact@gerhard-aust.de
Fischhausstraße 6
01099 Dresden
Germany
All contens and pictures are subjected to the copyright of Gerhard Aust.
You must not copy or use any pictures without written permission of the copyright owner.
If you are interested in licensing, please make an inquiry via email.