Nach unserem entspannten Vormittag am Lake Tekapo haben wir uns am Nachmittag noch auf den langen Weg zur West Coast aufgemacht. Wir wussten ja bereits, das wir es nicht in einem Rutsch bis zur Küste schaffen würden. Das wollten wir Bella und Lilly nicht zumuten. Also brauchten wir wieder ein Zwischenziel. Und wie es der Zufall so wollte hatte Gerhard eine Fotolocation rausgesucht – Castle Hill. Wer schon einmal Narnia gesehen hat, wird die Szenerie eventuell wiedererkennen. Wie aus dem Nichts stehen plötzlich ganz viele große Steine in der Prärie zwischen denen man hindurchlaufen kann.
Da uns das Navi ursprünglich über diverse Abkürzungen mit Gravel Roads führen wollte, wir das aber zum Glück noch frühzeitig erkannt hatten, stimmte die geplante Dauer der Fahrt natürlich überhaupt nicht. Es wurde also bereits langsam dunkel, als wir uns endlich dem Ziel näherten. Und nachdem wir Stunde um Stunde durch die flache Prärie gefahren waren, ging es dann plötzlich und für uns unerwartet noch einmal einen Pass hinauf. Kaum waren wir auf der anderen Seite des Passes wehte uns ein kräftiger, böiger Wind entgegen. Was natürlich super ist, wenn es stockefinster ist und man eigentlich einen Stellplatz sucht an dem man nicht weggeblasen wird. Da man auf dem eigentlichen Castle Hill Parkplatz nicht übernachten durfte, sind wir auf eine Picnic Area in der Nähe ausgewichen. Und ohne es zu sehen, haben wir damit einen Zufallstreffer gelandet. Die Picnic Area lag geschützt hinter einer kleinen Böschung, so dass der Wind über uns drüber gefegt ist und wir seelenruhig in unserem Van sitzen konnten. Eigentlich sind exponierte Stellplätze ja cool, aber wenn keine Menschenseele in der Nähe ist, man sich kilometerweit von der nächsten Ortschaft entfernt befindet und draußen in kohlrabenschwarzer Nacht ein Sturm über einen hinweg fegt, ist das schon ein bisschen unheimlich.
Tapfer wie wir sind haben wir aber auch dies überlebt, so das Gerhard am nächsten Morgen zum Sonnenaufgang am Castle Hill aufbrechen konnte. Den Mädels war es übrigens auch schnuppe, dass wir sie für die kurze Fahrt in den Kindersitz packen mussten. Die haben seelig weiter geschlummert, so dass auch ich noch mal meine Ruhe hatte nachdem Gerhard zum Fotografieren war.
Bevor wir die 2. Teilstrecke bis an die West Coast zurücklegen konnten, mussten wir aber noch unseren Vermieter anrufen. Denn seit Mt. Cook funktioniert unser Warmwasser-Boiler nicht mehr und wir wollten ihn gern reparieren lassen. Nach einem kurzen Check des Vermieters ob das Problem eventuell vor dem Schalter sitzt, hat er uns am nächsten Tag zu einer Werkstatt in Hokitika geschickt. Man könnte den Ferntest wie folgt beschreiben: „Haben sie die Gasflasche aufgedreht?“, „Haben sie den richtigen Schalter gedrückt?“ etc.
Als einziges weiteres Ziel auf dem Weg an die Westküste hatten wir uns die Devil’s Punchbowl Falls rausgesucht. Die Besonderheit dieses Wasserfalls aus Fotografen-Sicht ist nicht die Größe sondern ein Baum der sich malerisch vor dem Wasserfall abhebt. Wir sind also bei strömenden Regen (optimales Wasserfall-Wetter wie der Fotograf sagen würde) zu diesem Wasserfall gelaufen und haben ganz angestrengt nach diesem Baum gesucht. Aber auch noch längerer intensiver Suche war der Baum nicht auszumachen. Der Baum musste nach den letzten schweren Regenfällen das zeitliche gesegnet haben, wodurch der Wasserfall für Gerhard einiges an Reiz eingebüßt hatte. Dass das Wasser nicht nur von oben, sondern auch von vorne kam, hat die ganze Sache nicht wirklich besser gemacht… Im wahrsten Sinne des Wortes etwas bedröppelt haben wir uns nun endlich auf den Weg an die West Coast gemacht.
Am nächsten Morgen ging’s dann gleich zur Werkstatt nach Hokitika. Da zeitiges Aufstehen nicht zu unseren Stärken gehört und wir bereits geahnt haben, dass wir einige Stunden in Hokitika überbrücken müssen, haben wir das Frühstück auf einen Diner-Besuch verschoben. Zum ersten Mal gab es selbstgemachte Pancakes und Eier Benedikt. Eine weitere Aktivität die ich Gerhard bereits vor unserer Reise angekündigt hatte und die sich jetzt zeitlich super in die Tagesplanung einbauen ließ (ja geradezu genial getimed war), war das Jade Shopping. Man kann zwar überall in Neuseeland Jade Anhänger kaufen, aber Hokitika rühmt sich damit DAS Zentrum für Jade in Neuseeland zu sein. Nachdem wir also mit unserem ausgiebigen Frühstück fertig waren und ich Lilly mangels Wickeltisch auf einem Tisch wickeln musste (ich hoffe für die anderen Gäste das sie die Tische ordentlich abwischen), ging’s in die diversen Jadegeschäfte der Stadt. Ein Geburtstagsgeschenk für die beiden Ladies war schnell gefunden – ein kleiner Kiwi aus Jade und Ohringe aus Paua Shell. Ich bin mit einem Anhänger und Ohringen ebenfalls fündig geworden und entgegen seiner Erwartungen ist sogar Gerhard auch – es gab Manschettenknöpfe. Alles in Allem ein sehr erfolgreicher aber kein günstiger Zeitvertreib.
Nachdem wir 5 Stunden in Hokitika rumgebracht hatten, durften wir wieder zu unserem Van zurück. Leider war das Ergebnis des Werkstattaufenthaltes nicht sehr erfreulich, denn der Mechaniker konnte den Warmwasser-Boiler nicht reparieren und riet uns zu einem Austausch des kompletten Fahrzeugs. Der Vermieter war natürlich anderer Meinung, aber dazu später mehr.
Wir haben das erst einmal so hingenommen und haben unseren Schlafplatz angesteuert, die Jordale Rocks. Eigentlich sollte es Motukiekie Beach werden, da die Felsen dort deutlich imposanter sind. Allerdings ist dort ein Beach Access nur bei Low Tide möglich und der Weg dorthin entweder relativ lang und bei Flut gefährlich. Der vermeintlich leichtere Fotospot erwies sich für Gerhard dann aber doch als unerwartet aufregend, so dass Gerhard ihn ohne die bei Männern gerne vorkommende Übertreibung gerne als sein persönliches Nahtod-Erlebnis beschreibt: Wir hatten uns die Felsen schon vor dem Abendessen bei Ebbe angesehen, zum Sonnenuntergang kam dann bereits leicht die Flut. Gerhard hat erstmals seine extra mitgebrachte Wathose angezogen und ist los zum Fotografieren, während ich mit den Mädels im Camper gewartet habe. Anfangs war alles noch recht entspannt, aber scheinbar waren dann doch ein paar größere Wellen dabei als Gerhard erwartet hatte. Erst stand er och trocken auf einem Felsen und plötzlich bis zum Bauchnabel im Wasser. Die Wucht der Welle war so stark, dass er danach relativ schnell zurückgekommen ist, so kenne ich das von ihm gar nicht. Schade dass ich diesen Moment nicht filmen konnte :-)
Unweit unseres Schlafplatzes wartete ein weiteres Highlight der Südinsel auf uns, die Pancake Rocks. Leicht zugänglich und mit kurzen Wegen war der Spot dementsprechend gut besucht. Und trotz der vielen Leute und der unendlichen Möglichkeiten an Reisezielen haben wir nun schon zum wiederholten Mal andere Deutsche in Elternzeit wiedergetroffen, die wir bereits vorher kennengelernt haben. Neuseeland ist eben doch ein Dorf. Unweit der Pancake Rocks haben wir noch einen kurzen Walk durch den Regenwald gemacht, bevor wir uns in Richtung Abel Tasman aufgemacht haben.
Zwischenzeitlich hat auch unser Autovermieter nochmal angerufen und uns eine weitere Werkstatt auf dem Weg vorgeschlagen, zu der wir nochmal fahren sollen, da leider keine Austauschfahrzeuge mehr verfügbar sind. Man muss dazu sagen, dass der Weg nach Norden nicht gerade mit vielen Städten gesegnet ist, da war es schon wirklich überraschend, dass in so einem kleinem Ort eine Werkstatt sein soll, die das Problem mit dem Warmwasser in den Griff kriegen könnte. Allerdings haben wir es leider nicht geschafft, bis 17:00 Uhr dort zu sein, unter anderem, weil bei einer normal (!) kurvigen Straße auf einmal unsere Geschirrschublade aus dem Schrank gefallen ist – zusammen mit zig Kugeln aus dem kugelgelagerten Auszug, die wir erstmal wieder einsammeln und notdürftig wieder zusammensetzen mussten. Ein bisschen MacGyver gehört schon zu so einem Roadtrip dazu :-)
Dr. Gerhard Aust
Hobby Photographer
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